#communityprojekt100 - 100 ikonische Streetfotos #57

Garry Winogrand - New York‘s World Fair, New York, 1964

Über mich (Thomas Stein)

 In meiner Jugend hatte ich mit dem Fotografieren angefangen. Irgendwann hat das Interesse aber nachgelassen. Stattdessen habe ich das gemacht, was Jugendliche so machen. Es war auch eine Kostenfrage: Das Budget in Filmentwicklungen/Abzüge investieren oder in Konzertkarten? Somit bin ich 2005 mit Erscheinen der Canon 300D wieder zur Fotografie gekommen. 2007 habe ich das erste Mal an einem Fotokurs teilgenommen und bis 2009 recht viel Konzertfotografie gemacht. 2014 war meine erste Fotoreise und seitdem habe ich regelmäßig an Fotoreisen teilgenommen. Über die Reisen bin ich zur Streetphotography gekommen und meine Schwerpunkt darüber hinaus sind Architektur- und Landschaftsfotografie.

An das #communityprojekt100 hatte ich gar nicht mehr gedacht, bis plötzlich die Postbotin mit einem unerwarteten Paket vor der Tür stand. Sofort habe ich in das Buch geschaut und meine Seite gesucht: „Danke, das wird nix!“

Der Fotograf:

Garry Winogrand (1928-1984) war einer der bedeutenden amerikanischen Streetfotografen. Er fotografierte den amerikanischen Alltag und ihm wird nachgesagt, dass er keine Straße entlanglaufen kann, ohne zu fotografieren. Seine Fotografien prägten spätere bekannte FotografInnen. Er gewann zwei Mal den Guggenhein-Preis und erhielt später mehrere Guggenheim-Stipendien. Von 1970 bis 1978 lehrte er Fotografie in New York, Chicago und am Ende in Austin, Texas. Später wohnte er in Los Angeles und dort soll die Qualität seiner Bilder deutlich abgenommen haben, da er nur noch vom Beifahrersitz seines Autos fotografiert haben soll.

Mein erster Eindruck des Fotos (Analyse)

Auf dem Fotos sitzen sieben Personen auf einer Parkbank. Die fünf Damen in der Mitte werden durch zwei Herren eingerahmt (Framing). Dazu haben drei der Damen die Beine in die gleiche Richtung überschlagen (Reihung). Bis auf den Herren mit der Zeitung, der am rechten Bildrand angeschnitten ist, interagieren drei Mal zwei Personen (Gruppierung). Das Pärchen ganz links unterhält sich, das mittlere Pärchen tuschelt und das rechte Pärchen schaut neugierig in Richtung des zeitunglesenden Mannes.

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Meine Umsetzung:

Natürlich könnte ich FreundInnen fragen, ob sie für solch eine Aufgabenstellung für ein Foto zur Verfügung stehen würden. Solch ein inszeniertes Foto kommt für mich nicht in Frage. Streetfotos müssen für mich nicht gestellt sein und ergeben sich aus Zeit und Gelegenheit. Somit gelingen mir ein bis zwei Streetphotos pro Jahr, die ich auch in ein Buch packen oder mir ausgedruckt an die Wand hängen würde.

MIt dem Wissen, dass das Foto im Blog und ggf. in einem Buch erscheinen wird, sind die rechtlichen Vorgaben 2021 in Deutschland andere als in den USA 1964. Für mein digitales Archiv würde ich Personen auch ungefragt von vorne fotografieren. Durch die Veröffentlichung im Blog war mein Gedanke, die Szene zu spiegeln und die Personen von hinten zu fotografieren.

Bevor ich den Begleittext gelesen hatte, waren für mich die Ansammlung von Emotionen der abgelichteten Personen  das Motiv. Mit der Beschreibung kam dann die Bildkomposition mit dem Framing und der Reihung dazu.

Somit war mir klar, dass ich bei der Aufgabe krachend scheitern werde und das hat recht einfache Gründe:

 Wo gibt es eine Parkbank, auf die mindestens sieben Personen passen? Ich kann nur am Wochenende fotografieren gehen und wir schreiben den Sommer 2021. Sommer 2021 - wo bitte finde ich den? Für die Vegetation und die Wasserversorgung ist es grandios, aber wer sitzt im Regen auf einer Parkbank?

Es gibt einen Begriff, den ich nicht verwenden möchte, aber der Name eines mexikanischen Biers macht es aktuell auf nicht einfacher. Setzen sich fremde Personen(-Gruppen) vertraut und ohne Abstand gemeinsam auf eine Parkbank?

Mein erster Gedanke war, Emotionen einzufangen. Durch den Begleittext zum Foto kamen gestalterische Aspekte hinzu. Somit lag mein Fokus auf beiden Kriterien.

 Fazit

Ein Foto von meinem zugewiesen inspiriertes Foto zu machen, war unter den gegebenen Umständen (Zeit/Wetter) unmöglich. Im Archiv würde ich bestimmt ein Foto finden, das zum Thema passen würde. Für den Blogbeitrag suche ich unter den Umständen das beste passende Bild heraus, das innerhalb der 14-Tage-Frist entstanden ist.

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Ich kann gut damit leben, an der Aufgabe in dem gesteckten Zeitraum gescheitert zu sein. Nicht gestellte Streetphotos lassen sich nicht übers Knie brechen. „Versuch macht klug“ und für die persönliche fotografische Entwicklung hilft auch solch eine gescheiterte Aufgabe. Vielleicht ist dieses Mal der Text wichtiger als das Bild.

Das Projekt wird mich auf jeden Fall noch länger begleiten. Der Ehrgeiz ist geweckt und ich werde in Zukunft weiter an meiner Version des Fotos arbeiten.

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 P.S.: In dem Begleittext zu dem Foto bzw. zu Garry Winogrand habe ich mich  selbst wieder gefunden. Er hat tausende unentwickelte Filme ähnlich wie Vivan Meyer hinterlassen. Mit der FF-Fotoschule war ich 2018 auf Island und von der Fotoreise habe ich ein Foto entwickelt. Den Rest habe ich bis heute nicht angeschaut - ich habe aber die Gedanken/Erinnerungen im Kopf.

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