#communityprojekt100 - 100 ikonische Streetfotos #88

„Die Liebe in der Welt entwaffnet das Geld – d.h., das Geld bleibt lediglich Austauschmittel“

Interpretation zu Steve McCurry „Beggar Girl“

Welch ein Zufall - oder welche Bestimmung: Einer der Fotografen, deren Fotos mich schon immer fasziniert haben. Weil sie im Sinne von "Nicht berühmt" unbekannte Menschen zeigen in sich selbst. Weil sie Menschlichkeit zeigen.

Was für eine Aufgabe also…

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Welches sind die Punkte, die mir bei diesem Bild  auf den ersten Blick aufgefallen sind und die mich nicht losgelassen haben?

  • Die Augen und ihr Blick/bzw. indirekt dann der Blick der Kamera
  • Der Blick durch eine Scheibe

Was ist mir beim zweiten Betrachten dazu durch den Kopf gegangen?

  • Die Frage, wie ich mit den Augen/ihrem Blick oder dem Blick der Kamera umgehen will bzw. was sind deren Sichtweisen oder eben die jeweiligen Interpretationen des Betrachters: Denn schnell war ich gedanklich dabei auch beim Titel des Bildes bzw. dem dort enthaltenen Wort Betteln. Und ich habe mich gefragt, was dieses Wort in mir auslöst. Ich war sofort bei dem Thema Würde – die Würde des Menschen ist unantastbar. Aber sagt das Bild dazu wirklich etwas aus? Sagt das Bild, das hier das Mädchen/die junge Frau ohne Würde ist? Hat das überhaupt etwas mit Würde zu tun? Oder geht es nicht um eigene Vorurteile, die dort bei mir hochkamen, weil ich mich mit dem Thema Betteln auseinanderzusetzen hatte?
  • Der Blick durch eine Scheibe: Die Scheibe als Trennung der Welten zwischen „mir“ und der „Außenwelt“, die mich auch herausfordert zum Nachdenke und Handeln.
  • Und es handelt sich um eine gesellschaftliche Aufgabe, die eben nicht in fernen Ländern auftritt, sondern ebenso auch hier, vor der eigenen Haustür.

Mir war schnell klar, dass ich keine Personen fotografieren, sondern das Motiv auf eine abstrakte Form herunterbrechen möchte. Die Überlegungen dazu wurden dann durch ein Zitat von Ralph Exner-Sinz, welches ich auch als Bildtitel wählte, beeinflusst. Der Umgang und die Empathie als Grundvoraussetzung für einen menschlichen und würdevollen Umgang.

Wie und in welchen Formen „sehe“ ich eine bettelnde Person überhaupt? Wie nehme ich sie war? Wie reagiere ich? Und wie gehe ich damit für mich um?

Die Fotos der Texte zum „Betteln verboten“, mit 3 Ausrufezeichen und Großbuchstaben zur möglichst deutlichen Klarstellung von Konsequenzen und gleichzeitig aufgrund der grammatikalischen Fehler die Hilflosigkeit in der Auseinandersetzung zeigend, stammen tagesaktuell aus einer Tiefgarage in Offenbach bei Frankfurt/Main. In der ich tatsächlich auch angesprochen wurde.

Und das brachte mich dazu, meine Interpretation nicht nur aus den Elementen „Betteln“ und „Scheibe“ aufzubauen, sondern sie durch die Zerstörung dieser Scheibe als Beginn einer Aufhebung der o.g. Trennung zu erweitern. Die Zerstörung hier durch eine Faust, ausbrechend hinter Stacheldraht, im Wortsinn mit Liebe fotografiert, aufgenommen in Liege/Belgien.

dsc_0025.jpg

Denn ich stellte mir die Frage, ob die o.g. Scheibe als Trennung von mir zu der betreffenden Person überhaupt vorhanden ist? Und wenn, ob sie dann nicht jederzeit zerspringen kann? Oder ob sie vielleicht sogar zwangsläufig zerstört oder entfernt werden muss, damit ich mich mit der Person auseinandersetze? Als Lichtschein in der Beibehaltung der dunklen Lichtstimmung und der Auflösung des Originalmotivs, in dem ich es auch zitiere.