#communityprojekt100 - 100 ikonische Streetfotos #77
Street Fotografie und ich, Conny (Cornelia) Jenchen, 58 Jahre, zurzeit in Frankfurt lebend, waren bisher noch keine Freunde. Als ich dann auf dieses Projekt hingewiesen wurde, war mein erster Gedanke toll aber ohne mich. Nach einer Nacht drüber schlafen und intensiven Nachdenken habe ich mich allerding doch entschlossen mitzumachen. Jetzt endlich ist es auch soweit es geht los.
Mein Foto: „The Gorbals Boys“ von Bert Hardy aus dem Jahr 1948. Es zeigt eine trostlose mit Resten von Schnee bedeckte Straße, rechts und links von Hochhäusern gesäumt, die auf ein weiteres Hochhaus zuläuft. Die Straße hat keine Begrünung und die Menschen im Hintergrund wirken freudlos und desinteressiert. Im Vordergrund allerdings sind ein dunkelhaariger und blonder Junge mit etwas vernachlässigter Kleidung und ungewaschener Haut. Dies macht auf mich den Eindruck, dass dies alles auf eine schwere Zeit mit Entbehrungen und evtl. Vernachlässigung hinweist. Der totale Gegensatz dazu sind die Gesichter der Jungs. Sie strahlen Freude und Zuversicht aus, und es scheint, dass sie das, was auf sie zukommt voller Tatendrank und Enthusiasmus angehen wollen.
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Bert Hardy war Presse- und Kriegsfotograf, z.B. hat er den D-Day fotografisch dokumentiert. The Gorbals war zum Zeitpunkt der Aufnahme ein völlig überfülltes Viertel in Glasgow, in dem hauptsächlich Immigranten und Flüchtlinge lebten, die versuchten so schnell wie möglich dieses Viertel wieder zu verlassen. Das Jahr der Aufnahme, 1948, lässt vermuten, dass der 2te-Weltkrieg der Auslöser der Entbehrungen war.
Bei der Interpretation des Bildes sollte es eigentlich keine Schwierigkeit machen in Frankfurt eine passende Straße zu finden. Die, die ich gefunden habe waren allerdings alle überfüllt mit Autos und gesäumt von Bäumen. Die nächste Herausforderung: 2 Kinder ca. in dem Alter zwischen 6 und 10 zu finden. Für eine alleinstehende Frau um die 60, deren Freunde alle keine Kinder in dem Alter haben und für Enkelkinder noch zu jung sind. Außerdem benötigte ich eine Zustimmung der Eltern und Kinder, dass sie mit einer evtl. Veröffentlichung einverstanden sind. Der nächste Punkt eine Zeit der Entbehrung, da es mir durch die aktuelle Situation mit einem aktiven Krieg in Europa schwer fällt eine Nachkriegssituation oder das Thema Flüchtlinge als Ursache für die Entbehrung zu verwenden.
Was erzeugte in diesen Jahren noch Entbehrungen? Dazu viel mir nur Corona ein, wodurch für Alle die soziale Nähe relativ knapp war. Abstände von 1,5 Metern zur nächsten Person und Masken in allen Orten innerhalb eines Gebäudes oder im Freien bei Menschenansammlungen, die eh vermieden werden sollen, auch Stillstand des sozialen Lebens durch Schließung von Kindergärten, Schulen, Spielplätzen, Sportvereinen, Restaurants, Kinos und Museen ect..
Dies habe ich versucht, analog zu dem Foto von Bert Hardy, durch mein Foto auszudrücken. Die Erwachsenen auf dem Bild tragen noch die Masken und schauen die zwei Kinder eher vorwurfsvoll und sträflich an, nach dem Motto, wieso geht ihr so dicht zusammen ohne Masken hier auf dem Hof. Das Bild ist in schwarz-weiß gehalten, um ein wenig trostloser zu wirken als die Natur, die mit aller Kraft aus dem Winterschlaf hervorbricht. Der Ort, ein leerer Platz vor einem Hochhaus, auf dem auch weniger „Leben“ als vor Corona stattfindet. Die Kinder halten eng zusammen und gehen tapfer auf das „Neue“ Leben ohne Maske zu und stören sich nicht an den Erwachsenen, die evtl. sogar etwas bedrohlich wirken.