#communityprojekt100 - 100 ikonische Streetfotos #34

Rainer Kohl (45), aus dem Mecklenburgischen Brüel, Hochzeits- und Veranstaltungsfotograf.

Franks Communityprojekt 100 klang bei dessen Einführung richtig spannend. So meldete ich mich noch am gleichen Abend an und hoffte dabei zu sein.
JA, es hatte geklappt. Damals schien die Zeit bis zum Januar 2021 ewig zu sein. Ob ich dem Gewachsen bin? Es ist das erste Projekt solcher Art, bei dem ich mitmache. Nun gut, die Zeit verging schneller als gedacht und erst mit dem Facebook-Post von Ute Kopka war mir klar, dass es jetzt ernst wird.
Sofern ich das Buch in den Händen hielt blätterte ich voller Spannung meine Seite auf, aus Versehen sogar erst die falsche. Macht nichts, so habe ich mir zu zwei Motiven Gedanken gemacht.
Mein Bild ist auf Seite 74/75 zu sehen.


Ramon Masats erstellte die Aufnahme im Jahre 1960 in Spanien. Er liebte dieses Land und dessen Motive ziehen sich durch sein gesamtes Schaffenswerk.

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Auf mich wirkt die Aufnahme minimalistisch, sehr hell und mit starkem Kontrast

Das im Weitwinkel aufgenommene Foto zeigt eine Frau in der rechten Bildhälfte, die eine Linie entlang der Fundamentkante ihres Hauses zieht. Der Grund ist nicht ganz eindeutig.
Eventuell möchte sie damit die Hausecke deutlicher hervorheben. Eine andere Möglichkeit wäre die Abwehr von Insekten (im Original war die Linie dunkelblau).

Mein erster Lösungsansatz bestand darin, mich gar nicht so tief mit dem Bild zu beschäftigen.
Gerne wollte ich durch die Gegend streifen und ein Motiv finden, dass mich spontan an Ramon Masats Bild erinnert. Z.B., weil ich eine ähnliche Frau bei der Arbeit beobachtet hätte oder spielende Kinder beim Malen mit Kreide ähnlicher geometrischer Formen auf der Straße usw.
Ich fuhr aus meiner Kleinstadt in die nächstgrößere Stadt auf Beobachtungstour. Nach einiger Zeit musste ich einsehen, dass mein auf Zufall ausgerichtetes Vorhaben zwar ein netter Zeitvertreib ist, mich jedoch zu dieser Jahreszeit und unter Anbetracht anderer aktueller Umstände nicht sicher an mein Ziel bringt.
Bevor ich meinen alten Job an den Nagel hing, war ich viele viele Jahre in der Informatik einer Bank tätig. Ein analytisches Vorgehen war nun mein Plan.
Für viele Menschen ist die aktuelle Lage “verkehrte Welt”. Gut, ein Ansatz. Also drehe ich in meinem Bild einfach alles um.

kohl_-_communityprojekt100_fertig.jpg

Die dargestellte Person wandert von rechts nach links. Die zulaufenden Linien zeigen in meiner Fassung des Bildes nicht nach unten, sondern Richtung des oberen Bildrandes.
Ebenso wechselte ich die Perspektive und aus der Frau wurde ein Mann.
Meine Version des Fotos sollte mehr dunkleren Bildbereiche enthalten.
Die Ecke eines Daches kam mir dabei in den Sinn. Entsprechend fündig wurde ich in der Gartenanlage unseres Ortes.
Ein Gegensatz-Gedanke war, das Bild in Farbe aufzunehmen. Ich entschied mich dagegen.
Farbe enthält mehr Informationen. Dabei wäre der Grundcharakter des Ursprungsbildes verloren gegangen (minimalistisch, kontrastreich). Das ist auch der Grund, warum meine Aufnahme nicht mehr von der Umgebung zeigt (Stichwort Ordnung in Nachbars Garten).
Ursprünglich wollte ich die Aufnahme analog erstellen. Diesen Gedanken verwarf ich, da ich nicht rechtzeitig einen Abzug hätte liefern können. Nun gut, als Kompromiss erstellte ich nur eine Aufnahme. Sämtliche Einstellungen erfolgten vorab in der Kamera. Eine weitere Bearbeitung fand nicht statt.
Ebenfalls am Rande sei noch erwähnt, dass es sich bei der Aufnahme um ein Selbstbildnis handelt. Aufgrund erhöhter Zahlen in unserem Landkreis zog ich es vor, die Bildidee mittels Fernauslöser umzusetzen.

Mir hat meine Aufgabe sehr viel Spaß bereitet. Vom anfänglichen “Ach du Schreck, was mach ich bloß aus dem Motiv” hin zum fertigen Bild habe ich auch einiges gelernt. Ich werde mir bestimmt selber noch weitere Aufgaben stellen.

Rainer Kohl, Brüel, 10. Januar 2021